Vor 23 Jahren wurden sogenannte Impuls-Qualifizierungsverbünde (IQV) in Österreich geschaffen. Klaus Lukesch ist Projektleiter und Berater der bab Verbundsberatung GmbH (bab) und Programmverantwortlicher für die Impuls-Qualifizierungsverbünde im Bundesland Niederösterreich (IQV NÖ). Er hat zudem an einem länderübergreifenden Projektbeiratstreffen der WBV in Berlin-Brandenburg teilgenommen.
Wir haben ihn gefragt, wie Impuls-Qualifizierungsverbünde funktionieren und welche Erkenntnisse sich für die WBV ableiten lassen. Wie er im Interview sagt: „[…] 23 Jahre Qualifizierungsverbünde in Österreich belegen, dass die Idee Sinn macht und Nutzen stiftet.“
forum wbv: Warum wurden Qualifizierungsverbünde in Österreich gegründet? Welche Situation sollte damit geändert werden?
Klaus Lukesch: Das Verbundprogramm wurde im Jahr 2000 vom Arbeitsmarktservice (AMS) Österreich ins Leben gerufen. Es ist Teil der präventiven Arbeitsmarktpolitik und will Unternehmen – vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – unterstützen, aktiv Aus- und Weiterbildung für ihre Mitarbeiter:innen zu betreiben. Mit dem Format „im Firmenverbund“ wird es möglich, bedarfsgemäße, qualitativ hochwertige und regional nahe Bildungsangebote zu praktikablen Preisen zu schaffen.
forum wbv: Wer sind die Akteure des Verbunds und was macht genau ein IQV? Was bietet er an, was andere nicht anbieten?
Klaus Lukesch: Im Verbund kooperieren Unternehmen einer Region oder einer Branche. Wir (bab/IQV Niederösterreich) unterstützen die Betriebe vom Netzwerkaufbau über die Entwicklung der Bildungsmaßnahmen – auf betrieblicher Ebene und im Netzwerk – bis hin zum konkreten Schulungsprogramm. Wir koordinieren die Umsetzung der Schulungsmaßnahmen und unterstützen bei der Förderabwicklung bis zur Evaluierung der Kursmaßnahmen und des jeweiligen Verbundprojektes. Weitere wesentliche Akteure sind:
- Der Arbeitsmarktservice (AMS): Finanzierung der IQV, Beratung und Koordination sowie Förderung der Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für arbeitsmarktpolitisch relevante Belegschaftsgruppen (Ältere, Frauen, Geringqualifizierte)
- Die Schulungsinstitute, die von den Unternehmen mit der Umsetzung der erarbeiteten Aus- und Weiterbildungen betraut werden
forum wbv: Wer übernimmt die Koordinierung der Verbünde?
Klaus Lukesch: In den Programmen von 2000 bis 2014 erfolgte die Koordinierung durch eine:n Mitarbeiter:in aus einem Verbundunternehmen. Seit 2015 liegt diese Aufgabe beim IQV Dienstleister – in Niederösterreich, also bei uns.
forum wbv: Wie wird ein IQV finanziert?
Klaus Lukesch: Die IQV Unterstützungsleistung (unsere Leistung als bab) wird zu 100% durch das AMS gefördert.
Weiterbildungskosten werden grundsätzlich durch die Unternehmen getragen. Für die genannten Gruppen gibt es die Möglichkeit zur Beantragung einer Qualifizierungsförderung und einer Personalkostenförderung, mit der bei Erfüllung entsprechender Kriterien 50% der Kurskosten und 50% der Personalkosten, die während der Schulung anfallen, durch das AMS gefördert werden.
forum wbv: Mit welchen Herausforderungen sind IQV konfrontiert, bzw. was sollte beachtet werden, wenn Weiterbildung in der Fläche gestärkt werden soll?
Klaus Lukesch: Eine globale Frage, aber gerne der Versuch:
- Die Etablierung braucht Zeit.
- Die steuernde und nährende Mitte (in unserem Fall bab) ist essentiell für das Werden. Sie sollte zumindest im Sinne einer Anschubfinanzierung monetär gesichert sein.
- Die Trennung der Rollen IQV Beratung/Koordination und Durchführung der Schulungen hat sich als wesentlich erwiesen. Wir, bab, sind schon gemäß Auftrag zur Anbieterneutralität verpflichtet. Damit sind Interessenskonflikte – wie die Empfehlung von bestimmten Trägern – von vorneweg ausgeschlossen.
- Die Netzwerke in den einzelnen Projekten brauchen eine gewisse Größe (mindesten 10 Unternehmen), um die notwendige kritische Masse an Weiterbildungsteilnehmenden zu schaffen und ein gutes Verhältnis von Input und Nutzen zu liefern.
- Ein gutes und gelingendes Management der vielfältigen und mitunter auch gegenläufigen Interessen der Verbundunternehmen. Allparteilichkeit der IQV-Beratung bzw. -Koordination.
forum wbv: Welche Erfolge können IQV verbuchen?
Klaus Lukesch: Messbare Erhöhung der Weiterbildungsaktivitäten in den Unternehmen; Stärkere Einbindung von Belegschaftsgruppen, die ohne Verbund weniger in Weiterbildungsaktivitäten eingebunden werden; Etablierung professioneller Personalentwicklung in Unternehmen (vor allem Kleinunternehmen bis zum Mittelstand); Weiterentwicklung im Human Ressource Management
forum wbv: Sie haben sich mit WBV in Deutschland ausgetauscht bzw. diese bei der Gründung beraten. Haben sie den Eindruck, dass das Beispiel IQV die WBV inspiriert hat? Inwiefern?
Klaus Lukesch: Ein Schelm, der sich selbst lobt, daher auch die Bitte zusätzlich das Institut für Betriebliche Bildungsforschung (IBBF) und die WBV in Berlin-Brandenburg hierzu zu befragen. Aus meiner Perspektive hat sich der Austausch gelohnt. Dadurch konnte in Erfahrung gebracht werden, was und wie der Aufbau unterstützt werden kann und welche Stolpersteine es dabei gibt. Hands-on-Werkzeuge, die den Aufbau und die Umsetzung von Verbünden unterstützen, wie die Bedarfserhebung über unser IQV-Portal, wurden kennen gelernt. Zudem wurde bei Besuchen in Österreich im O-Ton erfahren, warum Unternehmen Verbünde nutzen und schätzen (siehe die Antworten auf die vorherige Frage). Wichtig ist auch die Erfahrung der IQV, dass die Etablierung Zeit braucht. Schließlich ist der Austausch motivierend, weil 23 Jahre Qualifizierungsverbünde in Österreich belegen, dass die Idee Sinn macht und nachhaltigen Nutzen stiftet.
Institut für Forschung, Training und Projekte (IFTP)