In dem folgenden (gekürzten) Interview werden die Erfahrungen der WBV in ihrer Arbeit sichtbar und konkrete Ideen zur Überwindung von Herausforderungen benannt.

Die Erfahrungen der WBV und die daraus folgenden Vorschläge sind davon gezeichnet, dass – wie die Befragten sagen – „die gesamte Weiterbildungsbranche […] mitten in einem Umbruch [steht]“ und „die Entwicklung von Bewusstsein für das Thema Qualifizierung […] ein Prozess [ist], der noch lange nicht abgeschlossen ist.“

forum wbv: Könnt ihr bitte anhand eines Beispiels darstellen, wie ihr die Zugänge zu den Unternehmen gestaltet?  Wie unterstützen euch dabei die Sozialpartnerorganisationen?

WBV Bremen: Der Zugang zu den Unternehmen gestaltet sich bisher eher schwierig. Die IG Metall unterstützt den WBV jedoch sehr, vor allem bei Kontakten zu den Betriebsräten. Beispielweise nehmen wir an einem Arbeitskreis teil, in dem alle Betriebsräte der Logistikbranche regelmäßig zusammenkommen. So konnten wir uns über Weiterbildung in den Betrieben abstimmen und unser Angebot gezielt an deren Bedarfen ausrichten.

WBV Saarland: Zugänge zu Unternehmen entstehen oft über persönliche Kontakte oder aktive Netzwerkpartner:innen. Außerdem haben wir im letzten Jahr unsere erste Weiterbildungsmesse veranstaltet und in diesem Jahr zusammen mit zwei Verbundpartnern eine Veranstaltung zum Thema „Videomarketing-Strategien“ organisiert. Eingeladen waren auch Unternehmen, die noch keine Netzwerkpartner:innen waren, denn das Thema Videomarketing ist für alle interessant. Es sind wertvolle Kontakte zu Unternehmen entstanden, die nun wissen, dass sie sich bei Weiterbildungsvorhaben jederzeit an den Verbund wenden können.

FastForward Thüringen: Die Zugangswege zu Unternehmen sind vielfältig. Zum einen über die beteiligten Branchenverbände, zum anderen über Vernetzungen/ Kooperationsbeziehungen der Projektpartner:innen sowie über weitere „Transformationsprojekte“. Darüber hinaus auch durch bestehende Vernetzungen zu Betriebsräten und Personalverantwortlichen und v.a. zur IG Metall.

forum wbv: Welche Bedarfe melden die Unternehmen bzw. die betrieblichen Akteure?

WBV Bremen: Überraschenderweise gehen die Bedarfe weniger in Richtung Digitalisierung und technische Qualifizierungen. Die fachlichen Kompetenzen scheinen bereits gut abgedeckt zu sein. Vielmehr geht es um überfachliche Kompetenzen wie bspw. interkulturelle Kommunikation, Führungskompetenzen, Sprache, Arbeits- und Gesundheitsschutz.

WBV Saarland: In einem ersten Schritt haben wir Unternehmen befragt, welche Weiterbildungsbedarfe sie in ihrer Branche derzeit und für die kommenden Jahre feststellen. In einem zweiten Schritt haben wir Bildungsträger gefragt, welche Qualifizierungen sie als besonders zukunftsweisend erachten. Dabei wurden sowohl Fach- wie auch Schlüsselkompetenzen genannt.

Zudem unterstützen die Sozialpartnerorganisationen bei der Erstellung von Qualifizierungsbedarfsanalysen.

FastForward Thüringen: Entgegen den Kompetenzen aus der „Transformationsliteratur“ beziehen sich die Bedarfe eher auf Teilbereiche des Human-Ressource-Managements (Personalstrukturanalysen, On-boarding-Prozesse, Mitarbeiter:innenrekrutierung, Förderkulissen) und Ausgestaltung der betrieblichen Sozialverhältnisse als auf Weiterbildung im Kontext von Digitalisierung.

forum wbv: Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Bildungsträgern und den Arbeitsmarktakteuren? An welchen Stellschrauben sollte gedreht werden, um Weiterbildung in eurer Branche bzw. Region zu stärken?

WBV Bremen: Wir vernehmen großes Interesse seitens der Bildungsträger, ihr Programm individuell an die betrieblichen Bedarfe und auch an generell veränderte Bedarfe anzupassen.
Damit Unternehmen besser verstehen, dass sie mit Weiterbildung und Qualifizierungen Beschäftigte weiterentwickeln, binden und auch gewinnen können, wäre ein verstärkter Einsatz der Unternehmensverbände wünschenswert.
Wenn es um die Finanzierung von Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen geht, sollten kleinere Unternehmen seitens der Politik besser unterstützt werden.
Um im Allgemeinen Kompetenzen nachhaltig aufzubauen, sollte das arbeitsplatznahe Lernen selbstverständlich werden. Hierfür kann es sinnvoll sein, die Unternehmenskultur in diese Richtung zu fördern und Führungskräfte entsprechend zu qualifizieren.

WBV Saarland: Die Zusammenarbeit mit den mittlerweile 52 Netzwerkpartner:innen verläuft sehr gut. Der WBV ist zu einem Expert:innennetzwerk aus Akteuren der Weiterbildungslandschaft herangewachsen.
Innerhalb des Netzwerks entstehen ebenfalls Kooperationen unter einzelnen Partner:innen. So wurde beispielsweise die Maßnahme zum:zur Fachexpert:in für Wasserstoffanwendungen (IHK) durch eine Kooperation zwischen der Kolping Bildung Deutschland gGmbH – Bereich Saar, der SHS – Stahl-Holding-Saar und der IHK Saarland entwickelt.

Die Entwicklung von Bewusstsein für das Thema Qualifizierung ist jedoch ein Prozess, der noch lange nicht abgeschlossen ist. Das Bewusstsein muss bei allen Arbeitsmarktakteuren verankert werden. Daher sind weitere Ziele des WBV:

  • Mehr Kleine und Mittelständische Unternehmen (KMU) für die Netzwerkarbeit gewinnen;
  • Weitere Kooperationen zwischen Netzwerkpartner:innen vorantreiben;
  • Schulung von „Transformationsmentor:innen“. Diese sollen eng mit dem WBV vernetzt sein, damit Weiterbildungsinteressierte auf ihre Bedarfe angepasste Weiterbildungsmaßnahmen und Fördermittel schnell erhalten können.

FastForward Thüringen: Mit außerhalb des Projekts agierenden Bildungsträgern läuft die Kooperation sehr gut und mit der Bundesagentur für Arbeit besteht ein sehr kooperativer Austauschprozess, auch um experimentelle Weiterbildungsformate zur Aktivierung von Fachkräfteressourcen im Bereich der IT-Kompetenzen voranzutreiben.
Die gesamte Weiterbildungsbranche in allen ihren Facetten, auch jenseits der beruflichen Weiterbildung, steht mitten in einem Umbruch. Dabei sind es nicht nur einzelne Stellschrauben, an denen hier fester gedreht oder gelockert werden müsste. Wichtiger wäre es, eine übergreifende lockere Institutionalisierung unter Federführung der Bildungsministerien zu etablieren. Hier sollte das gemeinsame Band der Bildung für Erwachsene im Mittelpunkt stehen und eine Kooperation und ein Austausch aller Einrichtungen möglich werden. Dies würde es ermöglichen, aus der je spezifischen traditionellen Fachverengung (allgemeine, politische, kulturelle und berufliche Bildung) herauszutreten. Das wäre eine regionale Ergänzung und Befruchtung der Nationalen Weiterbildungsstrategie.

Institut für Forschung, Training und Projekte (IFTP)