Der Fachkräftemangel beschäftigt fast alle Branchen in Deutschland. In 352 von 801 Berufsgruppen gibt es laut Bundeswirtschaftsministerium (2023) aktuell einen Fachkräftemangel. Viele Unternehmen setzen daher schon im Recruiting darauf, auch Quereinsteiger:innen zu erreichen und diese mit passgenauen Umschulungs- oder Weiterbildungsprogrammen zu qualifizieren.

Eine interessante Gruppe für Unternehmen ist die der Studienabbrecher:innen. Ein Studienabbruch ist leider noch viel zu oft negativ konnotiert. Wer an seinem Studium zweifelt oder es abbricht, hat mit Versagensängsten zu kämpfen oder wähnt beim Gegenüber den Vorwurf von mangelnder Disziplin oder unzureichender Leistung. Dabei sind die Gründe für einen Abbruch vielfältig: Oft stellen junge Menschen schlicht fest, dass sie sich eine praktischere Arbeit wünschen und eine Ausbildung der richtige Schritt gewesen wäre. Auch spielt der fehlende Praxisbezug im Studium häufig eine Rolle (Heublein et al., 2017). Dabei zeugt ein Studienabbruch in vielen Fällen von einer reflektierten Sicht auf die eigenen Wünsche und Ziele und bedeutet für viele Abbrecher:innen viel eher, sich nach einem passenderen Bildungsweg mit hohem Praxisanteil umzuschauen. Hier bieten sich verschiedene Alternativen zum Vollzeitstudium an wie z. B. eine duale Ausbildung oder ein duales Studium. Auch (Langzeit) Perspektiven wie der berufsbegleitende Erwerb von Teilqualifizierungen oder von Fortbildungsabschlüssen (Fachwirt:in, Meister:in) kann ein attraktives Modell sein.

Darüber hinaus kann geprüft werden, ob Abitur oder bereits absolvierte Studienleistungen anrechenbar sind und dadurch eine Verkürzung der angestrebten Aus- oder Fortbildung in Frage kommt.

Das Beratungsnetzwerk Queraufstieg

Um den Weg in den Betrieb zu vereinfachen, stellt das Beratungsnetzwerk Queraufstieg zahlreiche Informationen über Unterstützungsmöglichkeiten bereit. Es leistet zudem einen wichtigen Beitrag zur Entstigmatisierung des Abbruchs und will Unternehmen damit anregen, die Gruppe der Studienabbrecher:innen mehr ins Auge zu fassen.

Warum gerade Studienabbrecher:innen z. B. bei dem IT-Unternehmen PROLOGA herzlich willkommen und als Azubis sehr gefragt sind, erklärt Personalerin Jana im Studienabbruch Podcast des Beratungsnetzwerks Queraufstieg. Jana kennt und schätzt die Potenziale von Studienabbrecher:innen, sie sagt: „Tatsächlich sind mir und meinem Ausbilder das die liebsten Azubis“. Im Vergleich zu Schulabgänger:innen zeichneten sich Studienabbrecher:innen durch eine große Portion Lebenserfahrung aus, hätten häufig schon fachliche Kompetenzen und oft auch Lust, nach der Ausbildung im Unternehmen zu bleiben – ein entscheidender Pluspunkt bei immer kürzeren Verweildauern von Arbeitnehmer:innen im Unternehmen.“

Weiterbildungsmöglichkeiten als Bindungsfaktor

Bei der zunehmenden Fluktuation in Belegschaften sind betriebliche Benefits ein wichtiger Bindungsfaktor für Arbeitnehmer:innen und daher ein wichtiger Faktor in Sachen Arbeitgeberattraktivität. Nicht neu ist, dass in verschiedenen Studien zur Arbeitgeberattraktivität jüngere Menschen nach Kompetenzerweiterung streben. Deshalb können Arbeitgeber:innen durch ein gezieltes Talentmanagement punkten.

Auf der digitalen Landkarte „QuerNavi“ des Beratungsnetzwerks Queraufstieg haben Unternehmen die Möglichkeit, sich kostenfrei vorzustellen und Karrieremöglichkeiten aufzuzeigen. Es steht in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen zur Verfügung. Weitere Informationen stehen unter www.queraufstieg.de zur Verfügung.

Heublein, U.; Ebert, J., Hutzsch, C., Isleib, S., König, R., Richter, J. & Woisch, A.  (2017). Motive und Ursachen des Studienabbruchs an baden-württembergischen Hochschulen und beruflicher Verbleib der Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher. DZHW Projektbericht. Download: https://www.dzhw.eu/pdf/21/BaWue_Bericht_gesamt.pdf (Zugriff am: 10.08.2023).

 

Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb)

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