Mit dieser Studie bietet KOFA einen umfassenden Blick auf Möglichkeiten der Qualifizierung von Beschäftigten. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels regt die Studie an, Potenziale innerhalb von Unternehmen zu nutzen bzw. Personen auch ohne zertifizierte Berufsausbildung und mit diversen und meist umfassenden Berufserfahrungen die Möglichkeit zu geben, sich zur Fachkraft zu qualifizieren. Vorgestellt werden Vorteile für Unternehmen und für die Zielgruppe der Helfer:innen sowie Handlungsempfehlungen für Unternehmen, mit dem Ziel „die am Arbeitsmarkt vorhandenen Potenziale der Helfer:innen erfolgreich zur Reduzierung der Fachkräftelücke zu nutzen“ (Köhne-Finster et al., 2023, S. 6).

Untersuchungen der Studie und ihre wichtigsten Erkenntnisse

Die Autor:innen haben die Potenziale von Arbeitslosen untersucht, die geringe bzw. nicht qualifizierte Tätigkeiten in bestimmten Berufsgruppen suchen. Sie haben Berufsgruppen betrachtet, in denen der Fachkräftebedarf besonders hoch ist und in denen arbeitslose Helfer:innen als Kräfte zur Verfügung stehen. Eine quantitative Gegenüberstellung des Fachkräftebedarfs und des Qualifizierungspotenzials wurde durchgeführt. Für bestimmte Berufsmerkmale fand eine detailliertere Potenzialanalyse (z. B. hinsichtlich Altersstruktur, Erwerbsumfang, Quote von Menschen mit Migrationshintergrund) statt (Köhne-Finster et al., 2023, S. 6).

In Kürze stellen sie folgende wichtigsten Erkenntnisse hervor:

  • Einer angespannten Fachkräftesituation steht eine große Zahl arbeitsloser An- und Ungelernter gegenüber.
  • Die Qualifizierung von An- und Ungelernten bietet Potenzial zur Fachkräftesicherung.
  • Es gibt eine ganze Reihe von Berufen mit Potenzial zur Qualifizierung von Helfer:innen.
  • Qualifizierungsstrategien sollten der Unterschiedlichkeit der Berufe Rechnung tragen.
  • Unternehmen können Helfer:innen als Potenzial zur Fachkräftesicherung nutzen (Köhne-Finster et al., 2023, S. 4).

Handlungsempfehlungen zur Nutzung von Potenzialen von Helfer:innen

Folgend stellen wir einen Ausschnitt aus den Handlungsempfehlungen der Autor:innen der Studie „Helfer:innen als Potenzial zur Fachkräftesicherung“ dar (Köhne-Finster et al., 2023, S. 21–24):

Personalbedarf vorausschauend planen: Den Bedarf an qualifizierten Beschäftigten erheben und prüfen, ob, wie und in welchem Umfang bereits im Unternehmen beschäftigte Helfer:innen durch Qualifizierung diesen festgestellten Bedarf decken können.

Geeignete Bewerber:innen auswählen: Ist Fachkräftebedarf nicht mit entsprechend qualifizierten Neueinstellungen abzudecken, in den eigenen Reihen motivierte und interessierte Mitarbeiter:innen für Qualifizierungen ansprechen sowie geeignete Bewerber:innen (an- und ungelernte Arbeitslose) rekrutieren und bei der Akquise und Einstellung eine Aus- und Weiterbildung einplanen.

Passende Weiterbildungsziele finden und benötigte Kompetenzen bei den Qualifizierungsmaßnahmen berücksichtigen:

  • Aufgabenspezifische Schulung oder Anpassungsqualifizierung: An- und Ungelernte erwerben Kompetenzen für die Ausübung spezieller Aufgaben und erwerben damit Teile einer formalen Ausbildung. Eine Ausbildung kann jedoch dadurch nicht ersetzt werden.
  • Berufsabschlussfähige Teilqualifikation: Der Erwerb von Teilen oder Modulen einer Berufsausbildung wird ermöglicht. Jede Einheit wird mit einem Zertifikat abgeschlossen und so kann Schritt für Schritt die Berufsausbildung abgeschlossen werden. Als Vorteile der Teilqualifizierung für Arbeitnehmer:innen heben die Autor:innen hervor, dass z. B. Personen, die nicht auf Einkommen während einer Vollausbildung verzichten können, so eine Berufsausbildung gut abschließen können. Für Arbeitgeber:innen sehen die Autor:innen den Vorteil darin, dass sie sich zuerst auf die Module fokussieren können, für deren Inhalte Bedarf im Unternehmen besteht, sie aber ihren Mitarbeiter:innen eine längere Weiterbildungsperspektive bieten können.
  • Einen Berufsabschluss durch eine Externenprüfung von Beschäftigten mit entsprechenden Berufserfahrungen abschließen.
  • Betriebliche Umschulungen für qualifiziertes Personal mit dem Ziel einer weiteren Ausbildung, auch für Helfer:innen mit einer Berufsausbildung aber einer Tätigkeit in einem anderen Beruf.
  • Ausbildungsmodelle für z. B. teilzeitbeschäftigte Helfer:innen nutzen und die Arbeitsstunden auch im Rahmen der Ausbildung reduzieren.

E-Learning für die Weiterbildung von Helfer:innen nutzen: KOFA bietet unter „E-Learning: Digitales Lernen in Unternehmen.“ einen Überblick über verschiedene Formate und bietet Entscheidungshilfen – Welches Format ist passend für meine Beschäftigten? – an.

Berufserfahrungen anerkennen: durch analysieren und bewerten von Kompetenzen von An- und Ungelernten. Die Autor:innen nennen bspw. Projekte wie ValiKom oder MYSKILLS, die über Einstufungstest und Interviews die Kompetenzen von An- und Ungelernten einstufen. Der Vorteil für die Zielgruppe ist, dass sie so eine Bewertung und Zertifizierung berufsrelevanter Kompetenzen erhalten, vergleichbar mit einer Fachkraft.

Anerkennung ausländischer Abschlüsse: ermöglicht Personen aus dem Ausland einen Zugang zu qualifizierten Arbeitsplätzen im erlernten Beruf und trägt zur Integration von Fachkräften und damit Fachkräftesicherung bei. KOFA hat auch hierfür eine Handlungsempfehlung im Internet und weist auf das BQ-Portal und das Projekt Anerkennung in Deutschland des Bundesinstituts für Berufliche Bildung hin.

Finanzielle und persönliche Unterstützung anbieten: Hier nennen die Autor:innen die Möglichkeit, die Beschäftigten durch die Übernahme der Lehrgangs- und Prüfungskosten und/oder die (zeitweise) Freistellung der Beschäftigten von ihrer Arbeit zu unterstützen. Sie heben hervor, dass insbesondere KMUs eine Förderung von bis zu 100% ihrer Kosten erhalten können und verweisen auf das Qualifizierungschancengesetz (KOFA-Video „Betriebliche Weiterbildung: Fördermittel optimal nutzen!“). Die Besonderheit der Zielgruppe wird dabei nicht ungeachtet gelassen, da es sich laut Autor:innen meist um Personen handelt, deren Lernerfahrungen länger zurückliegen bzw. die negative Lernerfahrungen gemacht haben. Eine Unterstützung während der Prüfungsvorbereitungsphase sei demzufolge bei der Zielgruppe wichtig, genauso wie eine lernförderliche Arbeitsumgebung: Fehler erlauben, Lernen anregen und den Mitarbeiter:innen zeigen, dass sich Lernen lohnt.

Unterstützungsangebote nutzen: wie z. B. für junge Menschen die Assistierte Ausbildung, ausbildungsbegleitende Hilfen. Auch auf der Internetseite von KOFA ist eine genaue Vorstellung der Angebote zu finden.

Neben den Handlungsempfehlungen bietet KOFA auf ihrer Internetseite weitere praktische Tipps zum Thema Weiterbildung von An- und Ungelernten sowie weiteren Beschäftigten, z. B. FAQ Weiterbildung, Betriebliche Weiterbildung, Weiterbildungsarten, etc.

Köhne-Finster S., Dr. Syda S., Tiedemann J. (2023), Studie 04/2023 Helfer:innen als Potenzial zur Fachkräftesicherung, Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Aus: https://www.iwkoeln.de/studien/sabine-koehne-finster-susanne-seyda-jurek-tiedemann-helferinnen-als-potenzial-zur-fachkraeftesicherung.html (Zugriff am 27.07.2023).

Institut für Forschung, Training und Projekte (IFTP)